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Bamberg

Der Perfektionist ist gescheitert

Bamberg, 20.02.2018

In Bayreuth hat er mit seiner überzogenen Kritik an einigen Spielern Grenzen überschritten, die Niederlage in Bonn war eine Bankrotterklärung und mit der Pleite in Jena folgte der Offenbarungseid: Meistermacher Andrea Trinchieri ist nach drei traumhaften Jahren im vierten Anlauf kläglich gescheitert, wieder eine Meistermannschaft zu formen. Der leblose Auftritt seines Teams in Jena zeigte offenkundig, dass er seine Jungs nicht mehr erreicht und sie größtenteils auch nicht mehr bereit sind, ihm zu folgen.

Im Sommer kehrten die wichtigsten Leistungsträger Freak City den Rücken, weil sie in Bamberg endgültig die Reifeprüfung abgelegt hatten und folgerichtig in der NBA oder bei europäischen Topklubs nach neuen Herausforderungen suchten. Es war aber nicht nur die sportliche Perspektive, vielleicht mit Fenerbahce Istanbul, Olympiakos Piräus oder Real Madrid einen Euroleague-Titel zu feiern, sondern teilweise auch der Stress im System Trinchieri, dem sich Nicolo Melli, Janis Strelnieks oder Fabien Causeur nicht länger aussetzen wollten.

Und auch der Wechsel von Sportdirektor Daniele Baiesi, der viele entwicklungsfähige Spieler nach Bamberg gelotst hatte, zum Erzrivalen nach München hing zu einem großen Teil mit den unterschiedlichen Auffassungen der anfangs dick befreundeten Italiener zusammen.

Die Rekrutierung der neuen Mannschaft lag somit in den Händen von Trinchieri, der vor allem auf erfahrene Spieler setzte, die allerdings zum Teil ihren Zenit bereits überschritten und sich zudem die Saison zuvor mit größeren Verletzungen herumplagen mussten. Der als Königstransfer verkaufte Quincy Miller erwies sich als Flop. Und sein Nachfolger Dorell Wright findet sich nach vielen Jahren in der NBA bis heute nicht mit der physischen Spielweise in Europa zurecht.

Trotz der inzwischen eingeräumten Fehler in der Einkaufspolitik ist in diesem Kader Potenzial vorhanden, doch der Maestro an der Seitenlinie schaffte es im Gegensatz zu den glanzvollen Vorjahren nicht, eine Mannschaft zu formen, die den Ansprüchen in Bamberg gerecht wird. Der Team-Basketball, der die erfolgsverwöhnten Fans in den Meisterjahren von den Sitzen gerissen hatte, wurde schmerzlich vermisst. Und mit ihm und dem zweifelsfrei vorhandenen Verletzungspech, gingen auch die Souveränität und die Dominanz in der Liga verloren. Mittlerweile hat keiner mehr Angst vor Brose Bamberg – im Gegenteil: Selbst Mannschaften aus dem letzten Drittel der Tabelle treten mit großem Selbstbewusstsein gegen den strauchelnden Meister an und belohnen sich dafür mit berauschenden Siegen.

20.02.2018, Fränkischer Tag, Kommentar von Klaus Groh