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Coburg

Max Brose vollständig rehabilitiert

  • Michael Stoschek legt neue historische Dokumente vor, die das untadelige Verhalten seines Großvaters während des Dritten Reichs belegen; Betriebsratsvorsitzender würdigt Lebensleistung des Firmengründers
Max Brose
Coburg, 29.04.2015

Auf einer Pressekonferenz mit Medienvertretern aus ganz Deutschland präsentierte Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Brose Gruppe und Enkel des Firmengründers, heute zwei historische Schriftstücke, die den Vorbildcharakter Max Broses als Mensch und Unternehmer auch während des Dritten Reichs eindeutig belegen: das Entnazifizierungsgesetz und das Urteil der Spruchkammer.

Er wolle damit den wilden Spekulationen der letzten Wochen über Max Broses Rolle in dieser Zeit entgegentreten und einen entscheidenden Beitrag leisten, die hoch emotionale und ideologisch aufgeladene Debatte über Max Brose zu versachlichen.

Wörtlich zitierte er die wichtigsten Stellen aus dem vierseitigen Urteil der Entnazifizierungskammer über Max Brose:

„Es ist mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Betroffene in seinem Innern kein Nationalsozialist gewesen ist und aus diesem Grunde der Ideologie und Weltanschauung des Nationalsozialismus gegenüber eine Gleichgültigkeit gezeigt hat.

Wenn der Betroffene auch eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Stadt Coburg gewesen ist, hat er nach Ansicht der Kammer durch seine Mitgliedschaften in der NSDAP und dadurch durch sein persönliches Ansehen, die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus nicht im geringsten gefördert.“

[…]

„Die reine menschliche Gesinnung des Betroffenen war die eines sozialdenkenden Menschen. Er hat nicht nur die Misshandlung der Kriegsgefangenen nicht geduldet, sondern er griff auch, wenn ihm solche Misshandlungen zu Ohren kamen, zu Gegenmassnahmen, in dem er seine Untergebenen durch Rundschreiben und Anschläge, auf das Verbot der Misshandlung der wehrlosen Kriegsgefangenen aufmerksam machte. Es ist durch Erklärungen und Bestätigungen erwiesen, dass er die Kriegsgefangenen tatkräftig, ohne Rücksicht auf die entstandenen Kosten und unter Verstoss gegen die bestandenen Bewirtschaftungsbestimmungen mit Lebensmitteln unterstützt hat. Er hat zu Weihnachten die russischen Kriegsgefangenen beschenkt, weswegen er von der deutschen Belegschaft seines Betriebes Vorwürfe einstecken musste.

Die angeführte Behandlung der russischen Kriegsgefangenen [ist] ein klarer Beweis, dass der Betroffene die Methoden der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus sich nicht angeeignet und nicht gebilligt hat.“

Das Urteil der Spruchkammer – der einzig kompetenten Instanz unmittelbar nach Kriegsende – stellt somit klar, dass Max Brose dem Nationalsozialismus nie ideologisch nahe stand. Er hat sich um das Wohl seiner Mitarbeiter einschließlich der zugewiesenen Zwangsarbeiter gekümmert und als IHK-Präsident versucht, die Coburger Wirtschaft vom Einfluss der Nationalsozialisten fernzuhalten.

Er war auch kein Profiteur oder Nutznießer. Obwohl sein Unternehmen im Krieg in der Kanister- und Munitionsproduktion tätig war, stellte die Spruchkammer Coburg-Stadt schon 1948 fest, dass bei Max Brose eine Nutznießerschaft nicht vorliege.

Am 23. Juli 1949 urteilte die Hauptkammer Nürnberg, Zweigstelle Ansbach, letztinstanzlich, dass Max Brose lediglich Mitläufer war.

Um den vielfach ideologisch verwendeten Begriff des Mitläufers verstehen zu können, legte Michael Stoschek das „Gesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ vom 5. März 1946 vor, in dem der Begriff definiert wurde. Es handelt sich dabei um die zweitniedrigste Stufe.

„Artikel 2.: Äußere Merkmale wie die Zugehörigkeit zur NSDAP, einer ihrer Gliederungen oder einer sonstigen Organisation sind nach diesem Gesetz für sich allein nicht entscheidend für den Grad der Verantwortlichkeit.

[…]

Artikel 4.: Zur gerechten Beurteilung der Verantwortlichkeit und zur Heranziehung zu Sühnemaßnahmen werden folgende Gruppen gebildet:

1. Hauptschuldige
2. Belastete (Aktivisten, Militaristen, Nutznießer)
3. Minderbelastete (Bewährungsgruppe)
4. Mitläufer
5. Entlastete

[…]

Artikel 12.: Mitläufer ist: wer nicht mehr als nominell am Nationalsozialismus teilgenommen oder ihn nur unwesentlich unterstützt und sich auch nicht als Militarist erwiesen hat. … Unter dieser Voraussetzung ist Mitläufer insbesondere: wer als Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen, ausgenommen HJ und BDM, lediglich Mitgliedsbeiträge bezahlte, an Versammlungen, deren Besuch Zwang war, teilnahm oder unbedeutende oder rein geschäftsmäßige Obliegenheiten wahrnahm, wie sie allen Mitgliedern vorgeschrieben waren.“

Abschließend erklärte Brose-Enkel Michael Stoschek angesichts dieser historisch verbürgten Tatsachen: „Max Brose war ein Unternehmer, der weit über die Grenzen Coburgs hinaus ein Vorbild war und dies gilt insbesondere auch für sein Verhalten in Coburg während des Dritten Reichs. Er hat die Ehre einer Straßenwidmung eindeutig verdient.“

In seiner Stellungnahme betonte Jürgen Müller, Vorsitzender des Brose Betriebsrats Coburg: „Als Arbeitnehmervertreter möchte ich unserem Firmeninhaber das Vertrauen seiner Belegschaft entgegen bringen. Michael Stoschek hat das Werk seines Großvaters zum Wohle der Beschäftigten und der Firma Brose in seinem Sinne fortgeführt. Der Erfolg eines Unternehmens braucht zufriedene Mitarbeiter, die hinter dem Unternehmen stehen. Das ist heute bei Brose so und das war auch früher so, in den schwierigen Zeiten von Max Brose.“

Zum Hintergrund:

Der Coburger Stadtrat hatte sich in seiner Sitzung vom 26. März 2015 mit 30 zu acht Stimmen für eine Rehabilitierung des Gründers der Brose Unternehmensgruppe ausgesprochen. Seit dieser Entscheidung hält die Diskussion über die Bewertung des Verhaltens von Max Brose während des Dritten Reichs und die Benennung einer Straße nach ihm an.

Im November 2004 hatte Brose dem Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte II der Universität Erlangen den Auftrag erteilt, die Geschichte der Firma und der Familie des Gründers zu erforschen. Die Ergebnisse und die darauf basierende Darstellung wurden bis heute in keinem einzigen Punkt korrigiert oder gar revidiert. Entsprechend hat der Stadtrat in der Begründung für seine Entscheidung am 26. März 2015 darauf hingewiesen, dass „nach wissenschaftlicher Aufarbeitung keine Erkenntnisse vorliegen, nach denen Max Brose in den Jahren von 1933 bis 1945 als Unternehmer und IHK-Präsident ein Fehlverhalten vorgehalten werden kann“.

Im Lichte der jüngsten Dokumente wird diese Sichtweise historisch noch einmal untermauert.