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Coburg

Max Brose bewahrt Kommunisten vor KZ

  • Neue Erkenntnisse über das vorbildliche Verhalten des Firmengründers
Max Brose
Coburg, 13.05.2015

Ein nochmaliges intensives Studium der mehr als 700 Seiten umfassenden Akte der Spruchkammer hat zu folgenden Ergebnissen geführt:

Alle in den Akten beschriebenen Vorwürfe wurden in dem Spruchkammerverfahren behandelt und nicht ein einziger davon hat sich als berechtigt erwiesen.

Im Gegenteil sind neue Fakten aufgetaucht, die die bisherige Einschätzung des Verhaltens von Max Brose als dem NS-Regime distanziert gegenüberstehend bestätigen. Darüber hinaus hat er sich im Interesse seiner Mitarbeiter und anderer Coburger Unternehmen sogar aktiv gegen Anordnungen der Nationalsozialisten gestellt.

Er hat in seiner öffentlichen Rede als Präsident der IHK zu Coburg „Greueltaten gegen die Juden“ beklagt und einen Kommunisten vor dem KZ bewahrt, der staatsfeindliche Äußerungen gemacht hatte, indem er gegenüber der Gestapo eine persönliche Bürgschaft übernahm. Dies hätte die Konsequenz gehabt, bei einer Wiederholung selbst eingesperrt zu werden.

Zum Erwerb der Immobilie von Abraham Friedmann, die eine Bank wegen der Nichteinhaltung der Verpflichtungen des Eigentümers öffentlich versteigerte, hat ein Gutachter bestätigt, dass das von Max Brose und Ernst Jühling abgegebene Gebot dem Verkehrswert entsprach.

Diese und zahlreiche andere uns nun bekannt gewordenen Handlungen von Max Brose zeigen, wie mutig sich der Firmengründer gegen die Nationalsozialisten gestellt hat, und belegen sein vorbildliches Auftreten als Unternehmer und IHK Präsident.

Alle Vorwürfe gegen Max Brose wurden untersucht und führten in dem Urteil der Spruchkammer zu der Feststellung, „dass der Betroffene in seinem Innern kein Nationalsozialist gewesen ist“ und „die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus nicht im geringsten gefördert“ hat.

Das mutige aktive Verhalten gegenüber dem NS-Regime dokumentieren folgende Beispiele aus der 700 Seiten umfassenden Akte der Spruchkammer unter StACo Spk Co-St B312:

1. Persönliche Bürgschaft für den ehemaligen Kommunisten Ludwig Klingseisen

In der Akte befindet sich auf Blatt 206 eine eidesstattliche Versicherung eines Herrn Ludwig Klingseisen mit folgendem Inhalt: "Im Jahr 1944 sollte ich wegen staatsfeindlicher Äußerungen verhaftet und ins Konzentrationslager gebracht werden. Damals hat sich mein Chef, Herr Max Brose bei der Gestapo Coburg für mich eingesetzt und unter der Übernahme der persönlichen vollen Haftung erreicht, dass ich frei bleibe. Herr Brose wurde damals von der Gestapo angedroht, dass er sofort mit verhaftet wird, wenn von mir nochmals staatsfeindliche Äußerungen bei der Gestapo gemeldet werden [...] Ich war früher Mitglied der Kommunistischen Partei und deshalb vom 17.05.1933 bis zum 17.08.1933 im K. Z. in Dachau."

2. Keine Duldung von Gefangenenmisshandlung

Im Spruchkammerurteil vom 22.03.1948 (Akte Blatt 137) heißt es hierzu:

"Inkorrektes Verhalten gegenüber mehreren in dem Betrieb Brose zur Arbeit eingesetzten russischen Kriegsgefangenen ist - wie der Betroffene nicht bestreitet - vorgekommen. Von diesen Fällen scheiden für die Verhandlung alle diejenigen aus, welche zu Lasten der militärischen Bewachung der Kriegsgefangenen gehen und demnach von dem Betreffenden nicht zu verantworten sind. [...] Es ist dem Betroffenen, wie er zugibt, in 4 Fällen Mitteilung davon gemacht worden, dass Meister kriegsgefangene Russen körperlich gezüchtigt haben. Der Betroffene trägt dazu glaubhaft vor, dass er die Betreffenden in jedem einzelnen Falle sofort energisch verwarnt und darüber hinaus jeden Einzelfall zum Anlass genommen hat, seine Untergebenen durch Rundschreiben und Anschläge darauf aufmerksam zu machen, dass jedes Schlagen wehrloser Kriegsgefangenen verboten und verächtlich ist. Er hat damit lediglich die stets von ihm inne gehaltene Linie verfolgt, wonach er seinen Meistern auch früher schon verboten hat, Lehrlinge körperlich zu züchtigen. [...] Der Betroffene hat im Gegenteil durch Zeugen und Zeugnisse bewiesen, dass er für die Kriegsgefangenen mehr getan hat, als seine Pflicht war. Der Betroffene hat aus eigenen Mitteln ohne Rücksicht auf Kosten und unter Verstoß gegen die bestehenden Bewirtschaftungs-Bestimmungen zusätzliche Lebensmittel gekauft und der Russen-Küche zugeführt. Er hat zu Weihnachten den russischen Kriegsgefangenen Geschenke zukommen lassen, was ihm sogar Vorwürfe aus der eigenen deutschen Belegschaft eintrug."

3. Soziale Einstellung gegenüber den Mitarbeitern

Der Bücherrevisor Hermann Seyd erstattet für die Spruchkammer ein Gutachten am 27.10.1947 (Akte Blatt 633ff). Auf Blatt 644 wird festgehalten:

"Für die Gefolgschaft wurden erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt. Ebenso sind namhafte Beträge für Weihnachtsgratifikationen, Werkküche und sonstige soziale Leistungen an die Arbeiter und Angestellten ausgezahlt worden.

Im Jahr 1938 wurde eine Unterstützungskasse für die Gefolgschaftsmitglieder ins Leben gerufen, welche in den Jahren 1938 und 1939 insgesamt 15.000,00 Reichsmark zugewiesen worden sind. Die Mittel dieser Kassen wurden voll an die Belegschaft ausgeschüttet.

Einem neu gegründeten "Gefolgschaft-Unterstützungsverein" wurden [...] insgesamt 350.000,00 Reichsmark von 1940 bis 1942 zugewiesen."

4. Gehaltserhöhung trotz staatlichem Lohnstopp

Im gleichen Gutachten (Akte Blatt 645) ist festgehalten: "Im Jahre 1942 wurde die Gesellschaft [Metallwerk Max Brose] wegen Verstoß gegen die Lohn- und Gehaltstopp-Verordnung mit 20.000,00 Reichsmark in Strafe genommen. Der auf Herrn Brose fallende Anteil wurde über dessen Privatkonto verbucht. Von den Inhabern der Gesellschaft ohne Genehmigung vorgenommene Lohn- und Gehaltserhöhungen waren die Gründe, welche zur Bestrafung führten."

5. Keine Verantwortlichkeit für schlechte Bekleidung

Mehrere Zeitzeugen haben mit zum Teil dramatischen Schilderungen bekundet, in welchem schlechten Bekleidungszustand die russischen Kriegsgefangenen gehalten wurden. Das Spruchkammerurteil (Akte Blatt 138) stellt hierzu fest:

"Für den zugegebenermaßen schlechten Bekleidungszustand der russischen Kriegsgefangenen war nicht der Betroffene, sondern das Kriegsgefangenen-Stammlager Hammelburg verantwortlich. Die Unterbringung der russischen Kriegsgefangenen erfolgte gemäß den Vorschriften der Wehrmacht in Baracken, welche die Firma Brose zu beschaffen hatte und auch beschafft hat. ... Irgendwelche Beschwerden über die Behandlung der ebenfalls im Betrieb Brose tätigen französischen Kriegsgefangenen [sind] der Kammer nicht bekannt geworden [...] Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sah die Kammer nicht als erwiesen an, dass der Betroffene in seinem Betrieb Kriegsgefangene hat misshandeln lassen, ohne dagegen einzuschreiten."

6. Erwerb der Villa Friedmann zum Verkehrswert

Akte Blatt 646 – Gutachten Seyd: "Die Firma Max Brose oder die Herren Max Brose und Ernst Jühling sind an dem gesamten Zwangsversteigerungsverfahren [gegen Abraham Friedmann] nicht beteiligt. Sie treten erst bei dem ersten, angesetzten Zwangsversteigerungstermin als Bieter auf und werden bei einem festgestellten Grundstückswert von 50.600,00 Reichsmark mit einem Gebot von 41.000,00 Reichsmark Meistbietende und erhalten damit den Zuschlag."

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis:

"Der Erwerb des vormals jüdischen Anwesens Ketschendorfer Straße 2 mit dem Nebenhaus Casimirstraße 6 ist ordnungsgemäß erfolgt. An der betriebenen Zwangsversteigerung haben die Erwerber keinen Anteil."

Zum gleichen Ergebnis kommt ein Gutachten des Justizrates und Notars Alfred Ehrlicher vom 28.10.1948 (Akte Blatt 604ff). Das Gutachten ist von Max Brose und Ernst Jühling in Auftrag gegeben worden, nachdem die Witwe von Abraham Friedmann eine Rückerstattung des Grundstückes verlangte. Auch in diesem Gutachten wird festgehalten: "Das Meistgebot von 41.000,00 Reichsmark erreichte den damaligen Verkehrswert des Anwesens".

7. Kein Nutznießer des Systems

Aus dem Gutachten Hermann Seyds ergibt sich auch, dass die erzielten Gewinne in der Zeit von 1938 bis 1944 im Unternehmen verblieben "und dienten der Finanzierung der mit der Ausweitung des Betriebes gestiegenen Anlage- und Umlaufvermögen". (Akte Blatt 642)

"Die erzielten Gewinne wurden für die Erweiterung des Unternehmens und somit für die Bildung des betrieblichen Kapitals verwendet. Zuwendungen zum Ausbau des Unternehmens aus öffentlichen Mitteln waren nicht zu verzeichnen." In einem Nachbericht zu diesem Gutachten stellt er ergänzend fest: "Ich kann aus meinen früheren Erfahrungen bestätigen, dass bald nach 1933 die Betriebe, welche die für die Fertigung der Heeresämter notwendigen Maschinen, Einrichtungen usw. besaßen, erkundet und zu Lieferungen heran gezogen wurden. [...] Wie allgemein bekannt sein dürfte, begünstigte der Krieg die Umsatzentwicklung. Keine Firma konnte sich gegen die Anordnungen und Lenkungen der Rüstungsinspektionen hinsichtlich der Kriegsproduktion wehren. Ein Ablehnen dieser Kriegsfertigungen wäre gleichbedeutend gewesen wie die Vernichtung einer Existenz."

Und zur Frage der Nutznießerschaft heißt es:

"In Folge dessen stehen [die Gewinne] als echte Leistungsprämie dem Betrieb ungeschmälert zu. Damit ist aber auch das Verhältnis zwischen Leistung und Entgelt als angemessen zu bezeichnen und die vermutete Nutznießerschaft [...] widerlegt." (Akte Blatt 625)

Bereits im Ursprungsgutachten (Akte Blatt 646) weist der Gutachter darauf hin:

"Aufträge wurden ohne eigenes Zutun in die Industrie gelegt. Eine Ablehnung wäre gleich bedeutend mit der Schließung und Beschlagnahme des Betriebes gewesen."

8. Erhaltung der Wirtschaftssubstanz durch Befehlsverweigerung 1945

Anfang April 1945 erging vom Rüstungskommando Coburg ein "Führer-Gauleiterbefehl", alle Industrieanlagen und Maschinen bei Herannahen des Feindes zu zerstören. Nach Erklärung von Zeitzeugen hat Max Brose 15 Betriebsangehörige zusammen gerufen und sie von der Anweisung in Kenntnis gesetzt. "Hierbei hat Herr Brose sofort erklärt, dass er gar nicht daran denkt, Maschinen, Einrichtungen oder Gebäude zu zerstören, sondern nur einzelne Maschinen durch den Ausbau von kleinen Antriebsteilen, die leicht wieder eingebaut werden können, lähmen lässt." (Akte Blatt 247). Die Zeitzeugen sind der Prokurist Richard Heldrung, die Obermeister Ernst Eisenbarth und Max Rüger sowie der Werkmeister Oskar Carl. Sein Verteidiger im Entnazifizierungsverfahren, der spätere Coburger Oberbürgermeister Dr. Walter Langer, gibt in der Verteidigungsschrift vom 11.02.1947 (Akte Blatt 187) an, dass Max Brose anderen Betriebsinhabern das Gleiche vorschlug und benennt die seinerzeit noch lebenden Herren Dr. Schell von der Firma Bruno Dietze, Herrn Franz Heid von der Firma Autopark in Coburg und Herrn Wilhelm Dahle von der gleichnamigen Firma aus Coburg als Zeugen.